Leben gegen den Trend

Was war eigentlich, bevor alles wurde?

Liebe Gemeinde,

was war eigentlich, bevor alles wurde? Was war am Uranfang?
Was war vor dem Urknall? War das das Nichts? Und was hat überhaupt unser Leben und Sein möglich gemacht?
Hören wir den heutigen Predigttext, der die Schöpfungsgeschichte aus einer anderen Perspektive erzählt. Spr.8, 22-36
(Übersetzung aus BB / Luth / Exegese Kirchenjahr)

Die Weisheit spricht:
22 Gott hat mich schon gehabt am Anfang seines Weges,
vor Beginn seiner Werke.
23 Von Ewigkeit her wurde ich gewoben,
am Anfang ehe die Erde war.
24 Als es noch keine Urfluten gab, wurde ich hervorgebracht
als noch kein Wasser aus den Quellen der Tiefe strömten.
25 Bevor die Berge und die Hügel eingesenkt wurden,
wurde ich hervorgebracht.
26 Ich war da, als er noch nicht das Land und die ersten Erdschollen des Festlandes gemacht hatte.
27 Ich war da, als er den Himmel machte,
als er den Horizont auf der Oberfläche des Meeres bildete.
28 Ich war da, als er oben die Wolken festmachte
als er die Quellen unten aus der Tiefe sprudeln lies.
29 Als er dem Meer seine Grenze setzte,
und dem Wasser gebot, diese nicht zu übertreten.
Als er die Grundfesten der Erde baute.
30 Ich stand ihm als Handwerkerin zur Seite
und ich war voll Entzücken Tag für Tag,
und lachend vor ihm die ganze Zeit;
31 Fröhlich war ich auf dem festen Land seiner Erde,
und mein Entzücken, meine ganze Freude, war bei den Menschen.
32 Ihr jungen Leute, hört jetzt auf mich!
Glücklich diejenigen, die meinen Wegen folgen!
33 Hört meine Mahnung und werdet weise,
lasst sie nicht unbeachtet!
34 Glücklich der Mensch, der auf mich hört,
der Tag für Tag an meinen Türen wacht,
und an den Türpfosten meine Eingänge hütet und auf mich wartet.
35 Denn wer mich findet, hat Leben gefunden,
und Gott hat Gefallen an ihm gefunden.
36 Wer mich aber verfehlt, schadet sich selbst.
Alle, die mich hassen, lieben den Tod.

Am Anfang war Gott und die Weisheit, noch vor dem Chaos und der Erschaffung der Welt.
Dass Gott da war, das haben wir so oft gehört, dass wir uns nicht darüber wundern. Aber dass die Weisheit, als eigenständiges Gegenüber Gottes, da war, hören wir heute vielleicht zum ersten Mal. Und sie beschreibt sich, dass sie vor Allem da war: vor der Schöpfung und den Geschöpfen. Die Weisheit hat in der Bibel viele Namen: Sophia, Geist Gottes, die über den Wassern schwebte, Ruach –  der Lebensatmen, Lebensodem, Wind, Hauch, die Lehrerin und Lebensförderin, die Klugheit und Erkenntnis, die Rat gibt und mit Macht und Verstand menschenfreundlich regiert.

Sie ist eins mit Gott und dennoch ein Gegenüber. Gott ist kein einsamer, schweigender Gott, sondern ein Gott im Gespräch. Ein Gott in Gemeinschaft mit der Weisheit, im gemeinsamen schöpferischen Handeln. Ist es nicht so, dass wir im Gespräch viel mehr Ideen entwickeln, und gegenseitig bereichern und ergänzen? So auch Gott und die Weisheit.

Und Gott und die Weisheit haben diese gute Idee, aus dem Chaos, die in der Schöpfungsgeschichte, mit finsteren Tiefe und wüsten Leere umschrieben wird, etwas Wunderbares entstehen zu lassen. Alles wandelt sich, und es wird Erde und Wasser, Tag und Nacht. Eine Idee bringt die nächste hervor.
Gott spricht und es wird, und die Weisheit ist entzückt und lacht. Und steckt Gott mit ihrem Lachen an. Sie selber wirkt:  hier ein wenig Leichtigkeit der Wolken und da, die Schwere der Erde und dann das Wasser von oben und von unten, als das verbindende Element. Sie tanzt, und bringt in Bewegung, lässt die Zeiten wirbeln und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entstehen. Sophia tanzt durch das All und über die Erde und Gott tanzt mit und Räume und Töne und die Geschöpfe sind im Werden und Wachsen.

Die Weisheit ist voller Entzücken. Gott und die Weisheit sehen, dass alles gut geworden ist. Ist die Erde und das All nur Urknall und Zufall? Vielleicht. Aber es sind zugegebenermaßen recht viel Zufälle, so, dass wir glauben, dahinter Gottes ordnende Hand zu erkennen. Wir können nur staunen. Gerade jetzt im Frühling erleben wir die Schöpfung und die Lebendigkeit nach der Ruhephase des Winters besonders. Wir spüren die Lebendigkeit und Leichtigkeit der Schöpfung, die doch an bestimmten Ordnungen gebunden ist, die das Leben auf der Erde erst möglich machen. Wer darüber nachdenkt und staunt, über das was ist: die Natur, die Ordnungen der Erde und Wunderwerk unseres Körpers, erkennt dahinter den Schöpfer und die Weisheit. Für uns ist gesorgt, von Anfang an. Es ist alles da – und das kostenlos. Es ist für uns alles vorbereitet und vorgesorgt. Wir können von der Erde leben und die Schöpfung und die Geschöpfe pflegen.
Ich spüre in mir ein Grundvertrauen, ein Urvertrauen. Ich spüre eine Leichtigkeit und ein Vergnügt sein, ein kleines Entzücken auch im meinem Herzen. Ich singe und tanze und lobe Gott. Und Sie vielleicht heute auch ein wenig?

Aber – jetzt kommt unser Aber: die Welt ist nicht immer so schön und friedlich. Was ist mit den Naturkatastrophen, den schweren Erkrankungen, den Schicksalsschlägen, die wir erleben? Das Leben läuft nicht immer rund. Leid und Not, Krankheit und Tod scheinen der Leichtigkeit und der Schönheit der Natur zu wiedersprechen.
Da ist nichts in Ordnung, das läuft vieles schief. Wie passt das zusammen? An verschiedenen Stellen der Bibel taucht diese Frage auf. Und immer läuft es darauf hinaus, dass es keine Antwort darauf gibt… außer diese eine Antwort: Gott ist da. Auch in den schweren Zeiten. Das ist sein Versprechen.
Der, der mit Weisheit die Schöpfung erschaffen hat, der wird auch die Weisheit haben, seine Welt und uns nicht im Stich zu lassen. Gott und die Weisheit werden auch das Ende der Welt und jedes einzelnen Geschöpfes in den Händen halten. Es gehört zu den Ordnungen der Welt, dass alles einen Anfang hat und ein Ende. Leben und Tod. Das Leichte und Schöne ist in der Welt, aber auch das Schwere und Böse. Ich weiß nicht, warum es so ist, aber Gott mit seiner Weisheit wird es wissen und wohl machen.

Aber jetzt kommt Gottes Aber: einen neuen Anfang hat er schon geschaffen. Das Alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden. Neues Leben, ein neuer Himmel, ein ewiges Reich. Wir denken an Ostern und die Auferstehung.
Gott und die Weisheit sind gerne bei den Menschen. Sophia ist ganz vernarrt und voller Freude über die Menschen. Sie möchte für die Menschen ein gelingendes Leben. Sie möchte ihre Weisheit mit uns Menschen teilen. Denn ihrer Weisheit sind wir klug zu tun, was gut für uns und für unseren Mitmenschen ist. So wie die Welt ihre Ordnungen hat, braucht der Mensch fürs Zusammenleben eine Ordnung. Die 10 Gebote sind so eine Ordnung, durch Weisheit entstanden ist.
So sag die Weisheit: wer meine Wege geht, und wer mich findet, und wer an meiner Tür klopft, den werde ich einlassen und er wird leben. Und wer dabei sich an Jesu Worte erinnert fühlt, hat recht dabei, denn Jesus hat in seinem Reden sich der Worte der Weisheit bedient. Wer ihm und der Weisheit folgt, wird leben in Ewigkeit.
Gelobt sei Gott und die Weisheit. Amen

Predigerin: Barbara Neudeck (BD) Diakonin
Bild: Barbara Neudeck

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