Liebe Schwestern und Brüder im Berneuchener Dienst, liebe Leserinnen und Leser unserer Internetseite,
auf einem Bein kann man nicht stehen“, sagt der Volksmund und fordert damit jemanden auf, von irgend etwas, sei es Kuchen, sei es Wein, noch einmal zu nehmen. Auf einem Bein kann man nicht stehen. Das wäre auch eine schöne Überschrift für eine Geschichte aus dem ersten Königebuch im 19. Kapitel, Verse 1-8. Kurz zusammengefasst geht es um Folgendes:
Elia hat sich nach seinem großen Triumph auf dem Berg Karmel lebensmüde in die Wüste zurückgezogen und bittet Gott „Nimm, Herr, meine Seele“. Aus dem ‚himmelhochjauchzend’ ist ein ‚zu Tode betrübt’ geworden. Aber anstatt Elia sterben zu lassen, schickt Gott ihm einen Engel, der ihn sanft berührt, mit Wasser und Brot versorgt und ihn auffordert „Steh auf und iss“. Der Engel ermutigt ihn, aber er drängelt nicht. Darum legt sich der erschöpfte Elia gleich wieder hin und schläft weiter. Auf einem Bein kann man nicht stehen: Der namenlose Gesandte Gottes kommt nicht nur einmal. Nein, er kommt auch noch ein zweites Mal. Elia erwacht noch einmal von der Berührung des Engels und hört die gleichen Worte „Steh auf und iss!“ Und dann noch: „Sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Mehr sagt der Engel nicht. Aber was da mitschwingt an zurückhaltender Fürsorge, das sagt genug.
Bei uns ist Fürsorge oft so etwas wie Alles-für-den-anderen-regeln-wollen. Kann in Bevormundung ausarten: „Du machst das jetzt so oder so.“ Oder: „Ich will ja nur dein Bestes.“ Gott macht das anders. Sein Bote stillt bei Elia schlicht die Grundbedürfnisse. Durch das Elementarste: Elia erfährt „nur“ die Berührung durch einen Menschen (wie schwer das ist, wenn wir heute auf so etwas verzichten müssen!), „nur“ die notwendigsten Worte, „nur“ etwas zu Essen, das einfachste zu Trinken. Aber auch Geduld und Zeit
Ich kenne das von mir, dass manches Problem sich nicht mit einem Mal regeln lässt. Mit „mal eben“ ist da nichts getan. Manche Themen kommen wieder und wieder. Wie gut, wenn andere dann Geduld für mich aufbringen und nicht drängeln. So wie der Engel, der ein zweites Mal kommt. „Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Auf einem Bein kann man eben nicht stehen.
Ich finde, dieser Engel ist ein guter Begleiter. Er ist da, als er gebraucht wird, stellt keine eigenen Ansprüche, sondern das Notwendige zur Verfügung, und er entlässt Elia auch wieder auf seinen eigenen Weg mit der Aussicht, der unausgesprochenen Verheißung: „Wo du hingehst, wird dir Gott begegnen.“
Mit herzlichen Grüßen Ihre Sabine Zorn (BD)
Foto: Julia Hirschberg