Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
In die christliche Gemeinde in Korinth kommen viele Missionare. Sie bringen Empfehlungsschreiben von anderen Gemeinden mit, die ihnen sozusagen als Türöffner dienen. Zumeist sind es charismatische und redegewandte Missionare. Paulus ist so anders: ein kleiner Mann, ein unbeholfener Redner und so gar nicht Wunder wirkend.
Paulus wird nun von der Gemeinde in Korinth aufgefordert, ein Empfehlungsschreiben zu bringen, was komisch wirkt, da er selber die Gemeinde gegründet hat. Sie kennen ihn ja.
Er schreibt: 2. Kor.3, 3-9 (Basisbibel)
3Ja, es ist offensichtlich: Ihr seid ein Empfehlungsschreiben, das von Christus kommt. Zustande gekommen ist es durch unseren Dienst. Es wurde nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes. Es steht auch nicht auf steinernen Tafeln, sondern auf fleischernen Tafeln – auf Herzen der Menschen.
4 Ein solches Vertrauen haben wir durch Christus zu Gott.
5Von uns aus sind wir dazu gar nicht fähig. Wir können uns nicht etwas zuschreiben, als hätten wir es aus eigener Kraft erreicht.
Sondern es ist Gott, der uns dazu befähigt hat.
6Er hat uns die Fähigkeit verliehen, Diener des neuen Bundes zu sein. Und die Grundlage dieses Bundes sind nicht Buchstaben, sondern der Heilige Geist. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
7Der Dienst, der mit Buchstaben in Stein gemeißelt war, brachte den Tod. Aber schon dieser Dienst ließ Gottes Herrlichkeit aufstrahlen: Auf dem Gesicht des Moses lag ein so heller Glanz, dass die Israeliten nicht hinsehen konnten. Dabei war das doch ein Glanz, der wieder verging.
8Wie viel mehr wird dann erst der Dienst, der vom Heiligen Geist bestimmt ist, Gottes Herrlichkeit aufstrahlen lassen!
9Schon der Dienst, der zur Verurteilung führte, war also erfüllt von Gottes Herrlichkeit. Wird dann der Dienst, der uns gerecht macht, nicht erst recht von Gottes Herrlichkeit erfüllt sein?
Paulus lässt sich nicht auf die Ebene der Empfehlungsschreiben ein. Er hat es nicht nötig, sich zu beweisen. Nicht er ist wichtig, sondern Christus und die gute Botschaft. Er ist nur der Diener, ein Vermittler. Er hat zwar die Gemeinde gegründet, aber in Wahrheit ist die Gemeinde von Gott gegründet. Gott schreibt auf die Herzen der Menschen. An ihnen liest man, wie Gottes Geist wirkt. Die Christen in Korinth sind also das Empfehlungsscheiben.
In Goethes Faust sagt der Schüler zu Mephisto: „Denn, was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“
Er meint, dass er nun das Wissen besitzt. Schwarz auf weiß ist es wie festgemeißelt und unumstößlich.
An einer anderen Stelle sagt aber Faust: „Was du ererbt hast von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen.“ Es braucht die eigene Arbeit daran, das Verständnis und Erfassen, sonst sind es die Blätter nicht wert.
These – Antithese – gibt es noch eine Synthese oder eine dritte Möglichkeit? Ich denke, unser Predigttext gibt uns darauf eine Antwort.
Schwarz auf weiß, auf steinerne Tafeln gemeißelt – ein Bund, den Gott mit seinem Volk durch Mose verheißt. Ein Bund der Gottes Herrlichkeit ausstrahlt. Sogar sichtbar auf Moses Gesicht. Ein gutes Gesetz, das aufzeigt, wie wir mit Gott und untereinander gut leben können. Durch die vielen Formulierungen: „Du sollst nicht…“ lässt Gott uns ganz viel Freiraum, wie wir stattdessen anders handeln können.
Das Gesetz ist heilig, gerecht und gut, wie Paulus im Römerbrief schreibt. Wieso sagt Paulus dann, dass das Gesetz tötet?
Er argumentiert, dass das Gesetz in der Hand des Menschen, dem es oft an Willen zum Guten fehlt, dazu führt, dass die Sünde auflebt, Die Sünde verurteilt uns und bringt uns den Tod. In diesem Kreislauf sind wir gefangen. Wir Menschen können uns selbst nicht befreien und erlösen.
Also hat Gott seinen Sohn in die Welt gesandt, der uns mit seiner Liebe und Hingabe erlöst hat. Weil Christus gestorben ist, sind wir alle gestorben. Weil Christus auferstanden ist, sind wir alle auferstanden. Durch ihn haben wir das neue und ewige Leben. In der Taufe und dem Bekenntnis zu Christus haben wir den neuen Bund geschenkt bekommen.
Aber wir sind Menschen und handeln weiterhin sehr menschlich, mitunter so gar nicht mitmenschlich.
Wiederum handelt Gott, der uns durch Christus seinen Heiligen Geist sendet. Dieser Geist ist durchdrungen von Gottes Liebe. Dieser Geist macht lebendig, weil die Liebe in uns lebendig wird. Wir staunen und danken Gott für seine Liebe und sein Handeln für unsere Befreiung und neues Leben.
Das erkennen wir nicht aus uns selbst, sondern durch den Geist. Er befähigt uns zum Glauben. Denn: ins Herz schreibt uns der Geist von Gottes Liebe. Wo Liebe ist, ist Leben. Wo Menschen zugewandt, offen, liebevoll miteinander umgehen, entsteht Gemeinschaft und Leben. Das ist das Empfehlungsschreiben. Wir sind ein Empfehlungsschreiben.
Oje – ich soll ein Empfehlungsschreiben sein? Das überfordert mich. Ich bin doch voller Fehler und Schwächen, manchmal auch recht egoistisch und gar nicht immer lieb und gut. Dieser Brief ist voller Fehler, unleserlich und voller Tintenkleckse, den kann man nicht vorzeigen!
Ich lese den Text: geschrieben mit dem Geist des lebendigen Gottes auf unsere Herzen, in unser Herz hinein.
Halt mal! Da ist Gott, der mich beschrieben hat. Noch bevor ich war, hat Gott mich ausgedacht, im Mutterleib hat er mich gebildet, schreibt der Psalmist. Um im Bild zu bleiben: er ist das Papier und die Tinte. Ich bin nur der Träger des Briefes. Und dieser Brief trägt durch die Taufe sein Siegel. Ich bin sein, mit allem, was ich bin und habe. Ich habe vielleicht ein paar Bildchen an den Rand gekritzelt. Ich habe vielleicht manches ausgeschmückt und vielleicht war ich nicht immer so vorsichtig (achtsam?) mit diesem Brief. Aber geschrieben hat Gott diesen Brief!
Und Gott schreibt auf krummen Linien gerade. Gott selbst ist die Empfehlung, auch durch mich. Diese Tinte vom heiligen Geist ist unauslöschbar, unzerstörbar, unübersehbar, unüberlesbar in alle Ewigkeit.
Und was schreibt denn Gott in diesen Brief?
Eigentlich immer nur drei Worte: „Ich liebe Dich.“ Und die allerdings in sämtlichen vorstellbaren Ausführungen: „Fürchte dich nicht. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“. – „Ich habe meinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen“ – „Ich will dich sättigen mit langem Leben und will dir zeigen mein Heil“. – „Ich habe dich je und je geliebt“.
Gott sei ewig Dank für seine wunderbaren Briefe. Amen
Predigerin: Diakonin Barbara Neudeck (BD)
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